„Grünenthal ist ein mutiges Unternehmen!“
Was ist Ihr bisheriges Resümee als Geschäftsführer?
Ich bin tief beeindruckt von der Leidenschaft und Kompetenz der Mitarbeitenden bei Grünenthal Österreich. Wenn man sich den Output der Firma ansieht, sollte man meinen, dass man es mit einer deutlich größeren Organisation zu tun hat. Dahinter stehen Menschen, die mit herausragendem Engagement stetig an der Verbesserung unseres Ergebnisses arbeiten.
Als Sie Ihre Tätigkeit bei Grünenthal begonnen hatten, sagten Sie, es sei ein mutiges Unternehmen, das neue Dinge ausprobiert, Projekte umsetzt und seinen Mitarbeitenden tolle Entwicklungsmöglichkeiten bietet – sehen Sie das nach wie vor so?
Absolut. Die erfreulichsten Entwicklungen haben sich ergeben, wenn wir Mitarbeitenden das Vertrauen geschenkt haben, eine verantwortungsvolle Aufgabe oder Rolle zu übernehmen. Man konnte förmlich spüren, dass die Kolleg*innen dadurch gewachsen sind und großartige Leistungen erbracht haben. Wir haben auch mit digitalen Möglichkeiten experimentiert und neue Zielgruppen erschlossen, mit denen wir bislang nicht zusammengearbeitet haben.
In Österreich leidet jeder Fünfte an chronischen Schmerzen – Tendenz stetig steigend. Spezialisierte Einrichtungen hingegen sind rar und können die vielen Patient*innen kaum bewältigen. An mehreren Seiten wird an einer Verbesserung der Schmerzversorgung gearbeitet. Was ist Grünenthals Beitrag?
Wir steuern ein breit gefächertes Portfolio an Therapieoptionen bei, die auf die speziellen Bedürfnisse der Patient*innen ausgerichtet sind und deren Leben spürbar verbessern. Mit Hochdruck forschen wir laufend an neuen Behandlungsmöglichkeiten. Weiters unterstützen wir mit CHANGE PAIN compact ein hochwertiges regelmäßiges Weiterbildungsangebot mit Fokus auf niedergelassene Ärzt*innen, um die Versorgung stärker in den extramuralen Bereich zu bringen. Durch eine starke Zusammenarbeit mit medizinischen Fachgesellschaften arbeiten wir gemeinsam mit den relevanten Stakeholdern daran, dafür zu sorgen, dass es für Patient*innen einfach wird, zu den richtigen Stellen zu gelangen, um eine optimale Therapie zu erhalten.
Das Thema Schmerz wird in Österreich eher stiefmütterlich behandelt. Warum denken Sie ist das so und was sollte Ihrer Meinung nach geändert werden?
Das hat viele Gründe. Schmerzempfinden ist zutiefst subjektiv und kann nicht gut gemessen werden. Für Außenstehende ist das Leid nie ganz nachvollziehbar. Gleichzeitig laufen Therapien oft nach dem Trial and Error-Prinzip. Was dem einen hilft, ist für den anderen keine zufriedenstellende Lösung. Das ist sowohl für Patient*innen als auch für Therapeut*innen oft frustrierend. Etwas Paradoxes ist für mich, dass Schmerz bei nahezu allen Erkrankungen eine Rolle spielt, jedoch immer als Nebensymptom im Hintergrund bleibt. Das heißt, dass zwar beinahe jeder Mensch und jeder Therapeut mit Schmerz zu tun hat, eine tiefere Auseinandersetzung damit aber gerne vermeidet. Schlussendlich sind Menschen mit chronischen Schmerzen, trotz ihrer großen Anzahl, für die Gesellschaft oft unsichtbar. Das liegt entweder daran, dass sie nicht mehr an der Gesellschaft teilhaben können, oder dass sie ihren Schmerz so gut es geht verbergen.
Wo sehen Sie in diesem Zusammenhang die großen Herausforderungen für Grünenthal und was tun Sie, um dafür gerüstet zu sein?
Eine Herausforderung ist sicherlich, dass die Wertschätzung für etablierte, aber essenzielle Medikamente oft nicht sehr hoch ist. Das spiegelt sich auch im Preis für zum Beispiel Antibiotika, aber auch für Schmerzmedikamente wider, die seit vielen Jahren verlässlich zur Verfügung standen. Das macht es immer schwerer dafür zu sorgen, dass unsere Ärzt*innen alle Optionen in Händen halten, die sie zur optimalen Therapie benötigen. Gleichzeitig ging das Angebot an Schmerzambulanzen in den letzten Jahren zurück, Schmerzmediziner*innen sind häufig überarbeitet und werden als Anästhesist*innen im OP benötigt. Auch der Pflegemangel spielt besonders bei den Pain Nurses eine Rolle. Nicht zuletzt ist es in der pharmakologischen Forschung vor allem im Schmerzbereich sehr herausfordernd Innovationen zu kreieren. Aufgrund von weichen, subjektiven Endpunkten und starken Placeboeffekten sind negative Outcomes bei Studien häufig und zahlreiche vielversprechende Substanzen in der Vergangenheit gescheitert. Nichtsdestotrotz arbeiten wir täglich an der Verwirklichung unserer Grünenthal-Vision einer „World free of Pain“ und investieren in die Schmerzforschung. Unsere präklinische und klinische Pipeline enthält spannende Moleküle, die hoffentlich zukünftig dazu beitragen, unserem Ziel einen Schritt näher zu kommen.
Was befindet sich aktuell in der Grünenthal-Pipeline?
Grünenthal tätigt strategische Zukäufe von etablierten Produkten, die das Portfolio sinnvoll ergänzen, legt aber auch großen Wert auf seine eigene Forschung. Wir haben assets in der klinischen Phase 1-3. Dabei konzentrieren wir uns auf vier Kernbereiche, für die ein besonders hoher ungedeckter medizinischer Bedarf besteht: periphere neuropathische Schmerzen, chronische postoperative Schmerzen, Schmerzen im unteren Rücken und Arthrose. Aktuell läuft eine Phase 3-Studie zu einer Substanz für die Behandlung von Schmerzen bei Kniearthrose. Wir sind also zuversichtlich, in den nächsten Jahren neue, spannende Optionen anbieten zu können.
Ein Blick auf die Zukunft: Was sind Ihre Ziele für die kommenden Jahre und wo setzen Sie den Fokus?
Mir ist wichtig, ein funktionierendes Teamgefüge zu halten und Grünenthal als attraktiven Arbeitgeber sichtbarer zu machen. Ein weiteres Ziel ist, die Awareness von Schmerz in der Gesellschaft zu steigern. Die Behandlung von neuropathischen Schmerzen und die Vernetzung der Therapiegebiete sowie Zielgruppen sind zentrale Schwerpunkte unserer täglichen Arbeit. Last but not least stehen 2024 Launches von Produkten an, die wir optimal im österreichischen Markt etablieren wollen, und es gilt, die Einführung von innovativen Molekülen ab dem Jahr 2026 vorzubereiten.
Eine persönliche Frage: Das Durchschnittsalter von österreichischen Geschäftsführern liegt bei über 50. Sie sind mit 38 vergleichsweise jung. Vorteil oder Nachteil?
Nicht besser oder schlechter, sondern anders. Auf der einen Seite bringe ich sicherlich viel Energie und Enthusiasmus mit. Gleichzeitig habe ich mit dem Aufbau einer Familie und zwei kleinen Kindern auch ein sehr forderndes Privatleben und kann gewiss nicht so viel Erfahrung in den Job bringen wie meine Kolleg*innen über 50. Als Vorteil sehe ich jedenfalls, dass ich sowohl Mitarbeitende aus der Babyboomer-Generation als auch Generation Z sehr gut verstehe. Mir ist weder die Hustle- noch die Work-Life-Balance-Kultur fremd, die den jeweiligen Generationen stellvertretend zugeschrieben wird. Insofern kann ich vermittelnd die Bedürfnisse in Einklang bringen und dafür sorgen, dass wir ein attraktiver Arbeitgeber für alle sind.
Apropos: Was macht Grünenthal Österreich in Ihren Augen noch zu einem attraktiven Arbeitgeber?
Mit unserem klaren Fokus auf Schmerztherapie sind wir als Firma einzigartig. Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen massiv. Daran zu arbeiten, dieses Leid zu lindern, ist sehr erfüllend. Durch unsere Größe und Struktur kann jeder im Unternehmen direkt dazu beitragen und hat sofort starken Einfluss. Gleichzeitig haben wir sehr eine hohe Sichtbarkeit für Talente im Unternehmen. Unsere Größe erlaubt uns auch hohe Agilität, um neue Dinge auszuprobieren und rasch umzusetzen. All das macht uns aus meiner Sicht zu einem sehr attraktiven Arbeitgeber.
M-N/A-DE-02-24-0006