Akuter oder chronischer Schmerz? –
Eine wichtige Unterschei­dung

Von entscheidender Bedeutung für die Behandlung von Schmerzen ist die Schmerzdauer: Es wird zwischen akutem und chronischem Schmerz unterschieden.

Akute Schmerzen

Der akute Schmerz tritt als Warnsignal ganz plötzlich auf. Er zeigt uns, dass wir krank oder verletzt sind. Eventuell erfolgt sofort eine Abwehrreaktion (z.B. Finger wird vom Herd gezogen). Mit dieser Reflexhandlung versucht sich unser Körper zu schützen.

Auch Schmerzen nach einem medizinischen Eingriff zählen zu den akuten Schmerzen und haben ebenfalls eine Schutzfunktion. Nach einer Knieoperation wird man sich beispielsweise hüten, das Bein mehr zu belasten als unbedingt notwendig. Also werden die Bewegungen auf ein Minimum eingeschränkt, das Knie wird geschont und kann ausheilen.

Oft ist ein akuter Schmerz vorhersehbar, wie z.B. bei medizinischen Eingriffen. Der Zahnarzt betäubt vor einer schmerzhaften Behandlung die betroffene Stelle, d.h. er kann vorsorglich, also präventiv, behandeln.

Akute Schmerzen sind oft heftig und unangenehm, dennoch können die meisten Betroffenen mit ihnen leben, denn sie wissen, dass die Schmerzdauer begrenzt ist. Ein abklingender Schmerz kann auch einen positiven Effekt haben: Er stimmt den Patienten optimistisch, denn er zeigt, dass die Heilung vorangeht und ein (Schmerz-)Ende in Sicht ist.

Chronische Schmerzen

Schmerzen werden dann als chronisch bezeichnet, wenn sie länger als sechs Monate anhalten und damit ihre Warnfunktion verloren haben. In Österreich ist bereits etwa jede/r Fünfte von einer chronischen Schmerzkrankheit betroffen. Chronische Schmerzen können durch nicht oder nicht ausreichend behandelte Akutschmerzen hervorgerufen werden, z.B. wenn nach einer Operation starke Schmerzen nicht ausreichend behandelt wurden. Ständige Schmerzen brennen sich regelrecht in unser Schmerzgedächtnis ein. Sie signalisieren und verursachen Schmerz, für den es eigentlich keinen (organischen) Grund mehr gibt.

Um die richtige Therapie zu finden, sind für den Arzt folgende Informationen wichtig:

  • die Dauer (Zeitraum)
  • die Stärke (Intensität)
  • die Lokalisation (Schmerzherkunft, an wie vielen Stellen tritt der Schmerz auf)
  • das Verhalten bei der Medikamenten-Einnahme (welche Schmerzmittel werden wie häufig eingenommen)

Je nach Auftreten oben genannter Faktoren werden chronische Schmerzen wie folgt in drei Stadien unterteilt.

Drei Stadien chronischer Schmerzen:

Gesamtstadium 1:

Der Schmerz tritt nur an einer Stelle einmal täglich oder seltener auf. Er hält mehrere Stunden an. Die Stärke wechselt häufig.

In diesem Stadium wird eine Therapie mit einem Schmerztherapeuten durchgeführt. Schmerztherapeuten sind meist Fachärzte (z.B. Anästhesisten, Neurologen, Orthopäden), die eine zusätzliche Spezialausbildung zur Betreuung von Schmerzpatienten absolviert haben. Auch in größeren Krankenhäusern findet man Schmerzambulanzen, die Therapien mit entsprechender physiotherapeutischer und psychologischer Unterstützung anbieten.

Gesamtstadium 2:

Die Schmerzen kommen mehrmals täglich und an mehr als zwei Stellen. Der Schmerz dauert mehrere Tage an, und seine Heftigkeit (Intensität) ändert sich nur gelegentlich.

Patienten in diesem Stadium werden dreifach behandelt: mit Medikamenten, Physiotherapie und psychologischer Therapie (multimedaler Therapieansatz).

Gesamtstadium 3:

Dieses Stadium ist für Patienten und Angehörige eine extreme Belastung. Der Betroffene leidet unter einem andauernden, gleichbleibend heftigen Schmerz. Die Schmerzen treten an mehreren Stellen auf oder breiten sich im ganzen Körper aus. Die Schmerzen halten eine Woche oder länger an.

Oft gibt es keine andere Möglichkeit, als den Patienten in ein Krankenhaus zu überweisen. In der Fachklinik kann versucht werden, die medizinische Behandlung durch spezielle „Schmerzbewältigungsverfahren“ zu unterstützen. Obwohl meist nur eine geringe Chance auf völlige Beschwerdefreiheit besteht, sind die Chancen einer deutlichen und langfristigen Schmerzlinderung gut.

Typische Krankheitsbilder, die chronische Schmerzen zur Folge haben können, sind z.B.:

  • Kopfschmerzen (Migräne, Clusterkopfschmerzen)
  • Nervenschmerzen (z.B. Trigeminusneuralgien des Gesichts und Herpes-Zoster-Neuralgien nach der so genannten Gürtelrose)
  • Rückenschmerzen
  • Muskel- und Knochenschmerzen
  • Schmerzen nach Operationen

 

Körper und Seele leiden

Chronischer Schmerz bedeutet ständige Arztbesuche, ständige Medikamenteneinnahme und ständiges Leid. Die Behandlung von chronischen Schmerzen erfordert einen verständnisvollen Arzt, der sich auch mit der seelischen Verfassung seines Schmerzpatienten beschäftigt. Werden Betroffene nicht optimal therapiert, können die Folgen fatal sein: Sie schränken ihre körperlichen Aktivitäten ein, ziehen sich immer mehr zurück und verlieren den Kontakt zu ihrer Umwelt. Das wiederum macht einsam und traurig und kann sogar in einer Depression enden.